Freitag, 17. Februar 2012

Weihnachten und Silvester - Silent night, quiet night

Unsere größten Feiertage sind hier, so wurde uns schon bei der Begrüßungsveranstaltung in der Uni verklickert, ganz normale Wochentage. Es gibt kein frei, keine Atmosphäre, keine Geschenke. Es sind einfach nur westliche Feiertage, die nur aus Kommerzzwecken auch nach China geschwappt sind, dort aber keinerlei Bedeutung haben. So wurde meine Weihnachtszeit recht trostlos. Sicher, die traditionelle Portion Weihnachtsdeko bekam ich auch hier, aber nur in abgespeckter Version und Gott sei Dank erst ab 1. Dezember und nicht schon im Oktober wie bei uns. Allerdings wirkte alles sehr gewollt und nicht gekonnt, was es gab war megakitschig und grellbunt und so erinnerte unser Weihnachtsbaum im Foyer des Wohnheimes eher an eine riesige grüne Klobürste mit Buntpapier als wirklich an einem Baum. Schnell wurden Traditionen vermischt und einige Asiaten fingen an, Geld an den Baum zu hängen, was uns Westler nur stark wundern ließ. Als wir dann irgendwo in der Stadt einen echten Weihnachtsbaum sahen, waren wir alle ganz aus dem Häuschen und es gab erst einmal eine halbstündige Fotosession vor dem Baum. Bei nicht wirklich aufkommender Stimmung versuchten wir das Beste draus zu machen mit Secret Santa, Heiligabend endete dann aber doch wieder in einer Disko, etwas, was ich mir nach Peking geschworen habe, nie wieder zu tun, weil es einfach zu deprimierend ist. Nach dieser eher bescheidenen Weihnachtszeit verhofften wir uns ein etwas besseres Silvester, immerhin leben wir hier in DER Metropole Ostasiens, da muss doch auch das westliche Neujahr etwas bedeuten… Leider Fehlanzeige. Unser Plan war es, zu Mitternacht zum Bund zu fahren, einer breiten großzügig gebauten Fußgängerpassage direkt am Fluss wo alte Gebäude ehemaliger Besatzungsmächte sich aneinanderreihen mit Blick auf Shanghais Skyline. Obwohl wir die dreifache Fahrzeit eingeplant haben, haben wir es dennoch nicht ganz geschafft, da etwa 5 Millionen Chinesen den gleichen Plan hatten. Die letzte Viertelstunde mussten wir zu Fuß antreten und haben es rennend auf die Sekunde genau geschafft. Da es ganz vielen anderen genauso ging, glich die Situation einer Szene aus einem Katastrophenfilm, wo tausende Menschen panisch in eine Richtung rennen, um sich herum alles ignorierend. Die letzten Zahlen vom Countdown haben wir gerade so noch mitbekommen. 4, 3, 2, 1… NICHTS!!! Kein Feuerwerk, kein Getöse, nichts! Lediglich eine Leuchtschrift an einem der Wolkenkratzer wünschte ein frohes neues Jahr, aber das Panorama sah nicht anders aus als jede andere Nacht. Und dafür sind Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Der Bund war gerammelt voll. Stellt euch eine Straße wie Unter den Linden vor, die komplett voll ist mit Menschen, so dass es nirgendwo mehr einen Platz zum Stehen gibt. Jedoch gleich nach Zwölf lichtete sich alles wieder, da alle Chinesen wieder nach Hause strömten. Eine einzige Rakete habe ich noch gesehen diesen Abend, etwa 40 Minuten nachdem alles vorbei war, zur großen Aufregung aller Verbliebenen. Danach war, mal wieder, Clubbesuch angesagt. Vom Bund mit Taxi wieder wegzukommen war absolut illusorisch. Es gab einfach keine Taxis, wie auch, bei den Menschenmassen. Die einzigen leeren Taxis witterten das Geschäft ihres Lebens und fuhren nur für 300 Yuan (etwa 30 €) unter der Hand los, was etwa den zehnfachen Normalpreis entspricht. Also ging es zum Club wieder zu Fuß, etwa eine Stunde bei klirrender Kälte. Dort angekommen stellten wir fest, dass auch dieser das Geschäft seines Lebens witterte und hohe Eintrittspreise verlangte. Wäre ja nicht schlimm, wenn es nicht absolut überfüllt gewesen wäre und an der Garderobe nicht nur eine Person gearbeitet hätte. Der Abend endete somit sehr unzufrieden in Warteschlangen und dem reinsten Gedränge.
Fazit: Zu Feiertagen bleibt man in China am besten zu Hause oder verlässt das Land. Zum Glück habe ich genau das zum chinesischen Neujahr gemacht.

Sonntag, 4. Dezember 2011

Shanghai Shopping - This one, or that one? I'll take both!

In China sagt man, alles was du in Shanghai nicht kaufen kannst, bekommst du nirgendwo in der Welt. Nachdem Shanghai nun New York als Weltmetropole so langsam ablöst und ich mich selbst ein wenig auf Shoppingtouren begeben habe, kann ich dem nur zustimmen (auch wenn ich jetzt nicht nach irgendetwas exotisch extravaganten gesucht habe). Einkaufen in China kann wahrhaft ein Traum sein, wenn man sich viel Zeit nimmt und weiß an den richtigen Stellen zu suchen. Die regulären Kaufhäuser ähneln im Großen und Ganzen den europäischen Pendants, die wahren Freuden findet man in den Untergrundkaufhäusern, wo man neben recht kitschigen chinesischen Plunder (wo man aber auch hin und wieder glücklicher Finder ausgefallener Sachen wird) und der allseits bekannten chinesischen Produktpiraterie (die mal schlechter, mal besser ausfällt) ab und an auch mal Schmuggel- oder Hehlerware findet. Und so kann man sich hier durchaus für einen Appel und ein Ei recht komfortabel einkleiden und ausstatten, was immer wieder dazu verleitet, unnützes Zeug zu erwerben. Ich habe jetzt die hiesigen chinesischen Schneider für mich entdeckt, die einen zu lächerlichen Preisen Hemden, Anzüge und alles was man sich nur ausmalen kann maßschneidern. Bis jetzt bin ich damit mehr als zufrieden und nach den ersten Ergebnissen ist meine leichte Angst und Irritation in maßlose Freude übergegangen, aber mal sehen, wie lange das Ganze auch wirklich hält und die Freude bleibt, schließlich ist China ja nicht für gute Qualität bekannt und das zieht sich durch alle Produktkategorien, egal ob Knöpfe, Hosen, MP3-Player oder Wolkenkratzer.
Das mühsamste aber auch amüsanteste dabei ist das Handeln. Handeln ist hier Pflicht, will man sich nicht selber maßlos über’s Ohr hauen. Das schwierigste daran ist, eine realistische Preisidee zu haben. Genau hier liegt der Knackpunkt, wo die meisten Chinesen gewinnen. Mir zum Beispiel ist es schleierhaft, wie man eine mechanische Armbanduhr mit Datums- und Wochentaganzeige, die sich selbst aufzieht (lassen wir die Marke jetzt mal weg) für umgerechnet 10 € überhaupt erst herstellen kann. In meinen ersten Versuchen, wäre dieser Preis absolut lächerlich gewesen, wenn ich sehe, wie viel man in Deutschland für vergleichbare Modelle bezahlt. Leider würden Chinesen auch um den fünffachen Preis hart feilschen, sodass man sich nie wirklich sicher ist, ob man einen guten Deal erwischt hat oder nicht. Sehr schnell sinken die Preisvorstellungen und man könnte sich in den Hintern beißen für die Unsummen, die man anfangs nach gelassen hat. Meine erste Krawatte beispielsweise habe ich für 4€ gekauft und fand sie unglaublich billig. Heute weiß ich, dass Krawatten maximal ein Euro wert sind.
Das Handeln an sich ist Schauspielschule und Taktikunterricht in höchster Form. Jeder hat seine ganz eigene Strategie, den Preis zu senken. Ob man nun sein ganzes Geld versteckt und den Verkäufer ein fast leeres Portemonnaie hinhält und sagt: „Tut mir leid, aber ich habe nicht mehr“ oder hoch und heilig verspricht, dass man bei einem guten Preis mit Freunden zurückkommt und ganz viel mehr kaufen wird, ist jedem selbst überlassen und ist mehr oder weniger erfolgreich. Das wichtigste ist, man muss seine Emotionen völlig unter Kontrolle haben. Sobald der Verkäufer merkt, dir gefällt etwas wirklich, hast du verloren, da er weiß, du bist bereit sehr viel mehr auszugeben als es wert ist. Erste Devise ist daher: Stetes Desinteresse zeigen und so tun, als brauche man gar nichts und suche nur nach Schnäppchen. Lässt man den Verkäufer nicht mindestens einmal hängen und läuft einfach weg, kann man sicher sein, man bekommt keinen guten Preis. Leider muss man pro Artikel, den man kaufen will, etwas Zeit einplanen. Handeln in Eile ist einfach nur unmöglich und frustrierend.
Ich habe inzwischen meine ganz eigene Strategie entwickelt, die aber auch nur wirkt, weil die meisten Verkäufer weiblich und in meinem Alter sind. In der Regel sind Chinesen sehr beeindruckt, wenn man als Westler etwas Chinesisch sprechen kann, was einem unglaubliche Pluspunkte einheimst. Nun habe ich das Glück, dass mich scheinbar die meisten Chinesen hübsch und charmant finden, sodass ich mit etwas Smalltalk und Geflirte sehr schnell Sympathie ernte. So versuche ich die ersten fünf bis zehn Minuten vom eigentlichen Geschäft abzulenken und nur zu reden und sobald das geschafft ist, ist der Rest ein wahres Kinderspiel. Eigentlich brauch ich danach gar nicht mehr zu handeln.

Letzter Monat - The bitter sweet months

Die letzte Zeit war so ziemlich davon geprägt, dass der Alltag früher oder später jeden ins Genick schlug. Uni wird öde, man macht jeden Tag das Gleiche, der Freundeskreis hat sich verfestigt, man lernt kaum noch neue Leute kennen, alles was man bis jetzt nicht organisiert hat liegt brach und wird auch nichts mehr, die ersten bekommen Heimweh. Zudem ist es die Zeit in der das Wetter ziemlich eklig wird, für manche ziemlich überraschend, wie für mich, die dachten, dass es im Winter hier chillige 15°C geben würde. Leider nein, die Winter hier sind mit den Wintern in Berlin ziemlich vergleichbar. Vielleicht etwas weniger Schnee. Und so wurde der November wie so typisch ziemlich depressiv. Die Südländer beschweren sich über das kalte Wetter, die anderen über die schlechte Isolierung und Heizungen und beim verzweifelten Einmummeln in Decken und Pullovern und Videosgucken schießen überall Beziehungsprobleme aus dem Boden. Zudem ist es die Zeit in der wirklich jeder krank wird und jeder jeden ansteckt und so hatte auch ich meine zwei Wochen Bettlägerigkeit, leider gerade in der Prüfungsphase, in der man einfach alles zum Teufel wünscht. Kleine Highlights wie eine zweitägige Klassenfahrt, Halloween (was hier wirklich gelungen war, da sich mal jeder sehr viel Mühe für Kostüme gab) oder die immer widerkehrenden Uniparties schaffen es dann Gott-sei-Dank doch immer wieder, das triste Gemüt etwas aufzulockern. Und seit diesem Wochenende gibt es einen neuen hellen Stern am Himmel, den wir verfolgen können: Meine Freunde und ich fahren im Januar nach Thailand, dann ist endlich Schluss mit dem Wintertrübsalblasen.
Des Weiterem teilen viele unserer Auslandsstudenten ähnliche Schicksäle, so werden zum Beispiel reihenweise Fahrräder geklaut, was aber trotzdem niemanden dazu veranlasst, sein Fahrrad irgendwo anzuschließen anstelle vom üblichen Radschloss. Kreditkarten stapeln sich in der Bank, weil jeder früher oder später Opfer der tückischen chinesischen Bankautomaten wird, die einem ERST das Geld und DANN erst die Karte ausspucken. Aber geldgierig wie wir alle sind wollen wir bloß die Scheine haben um dann schnell zu verschwinden und alles wieder auszugeben.

Hangzhou - Next Stop: Paradise

Zum Nationalfeiertag (Anfang Oktober :-S Asche auf mein Haupt) ging es nach langen Hin- und Hergeplane und der Furcht, dass man die fünf Tage Ferien komplett vergammelt, für meinen Kumpel Andrew und mich nach Hangzhou, einer von Shanghais Ausflugsstädten, mit dem Schnellzug eine knappe Stunde entfernt. Als wir angekommen sind, musste ich mit Erstaunen feststellen, dass Hangzhou die erste wirklich schöne(!) Stadt ist, die ich in China gesehen habe. Sie ähnelt eher einer großen Parkanlage und ist somit auffallend grün und sauber. Das zieht auch nach sich, dass viele reiche Chinesen ähnlich denken und hier herziehen, was der Stadt gewissen Reichtum verschafft und so reihen sich Geschäfte von Prada und Cartier bis zu Maserati und Aston Martin aneinander, was nicht weniger beeindruckend ist. Dadurch, dass zu den spärlichen Ferien, die es in China gibt, das gesamte Volk auf Reise geht, gestaltete sich unsere Suche nach einer Unterkunft etwas schwierig. Unser Plan, einfach durchzumachen oder auf einer Parkbank zu schlafen, was klimatisch noch durchaus machbar war, war auch nicht so die beste Idee. Letztendlich fanden wir dann doch eine Jugendherberge, die noch Raum hatte und uns sogar ohne Pässe, die wir typischer Weise zu Hause liegen lassen haben, aufnahm. Als wir dann den Raum betraten, wussten wir auch wieso. Das erste was uns auffiel war, dass es im Zehnbett-Dormitory im Kellergeschoss kein Licht gab. Mit Handylicht auf Schranksuche viel uns dann auf, dass die Schränke nicht mehr verschließbar waren. Und beim genaueren Umsehen wurde deutlich, dass der komplette Raum mit Schimmel überzogen war, was uns schon nach wenigen Minuten Atemschwierigkeiten verschaffte. Gott-sei-Dank bekamen wir aber problemlos ein Ersatzzimmer, was deutlich besser war.
Unsere Reisepläne waren, dass wir am ersten Tag mit einer Bustour, die bis auf die obligatorischen Besichtigung der Seidenfabrik und der Teeverkostung ganz gut war, die etwas weiterentfernten Sehenswürdigkeiten ansehen und am nächsten Tag uns Fahrräder ausleihen und das Innere der Stadt besichtigen. In Hangzhou gibt es ein kostenloses Fahrradverleihsystem, was mehr oder weniger als öffentliches Verkehrsmittel dient, da man die Fahrräder an unterschiedlichen Stellen wieder abgeben kann. Das finde ich sehr bemerkenswert. Für uns kam das leider nicht in Frage, da es für nur einen Tag zu aufwendig gewesen wäre. Da Andrew noch nie mit einem Tandem gefahren ist, entschieden wir uns, ein Tandem zu leihen… leider etwas kontraproduktiv, da man viele Orte das Parks nur mit normalen Fahrrädern befahren durfte, nicht aber mit einem Tandem, was mir bis heute schleierhaft ist. Der Kern Hangzhous ist ein riesiger See mit weiträumigen Parkanlagen drum herum. Darum gliedern sich dann Hangzhous Prunk- und Prachtstraßen, Touriszenen und die Universität und je weiter man sich davon entfernt, desto gewöhnlich wird alles. Nach zwei Tagen Erholung (zumindest für mich, Andrew meinte, er sei noch nie so viel Fahrrad gefahren und gelaufen) ging es dann Freitagabend wieder in die heimischen Gefilde, um rechtzeitig am Samstag wieder fit für die Uni zu sein. Ja, in China ist das so Gang und Gebe, dass man nach Feiertagen das Wochenende darauf arbeiten muss, sodass man nicht allzu viel frei bekommt.

Sonntag, 25. September 2011

Freizeit - Thank god it's Friday

Freizeit habe ich hier, wenn ich mir meinen Stundenplan ansehe, ja eigentlich mehr als genug, aber irgendwie bleibt davon nach ausgelassenem Mittag, Lernen (wovon ich mich aber allzu gern drücke) und Mittagsschlaf (Konzentration auf Fremdsprachen ist unwahrscheinlich kräfteraubend) nicht mehr allzu viel übrig.
Im Großen und Ganzen sieht meine Freizeitgestaltung ganz anders aus, als ich es mir ursprünglich ausgemalt habe.
Ursprünglich wollte ich jeden Morgen aufstehen und früh um 6 Taiji lernen. Tatsächlich bin ich früh um 6 viel zu müde, stehe stattdessen so knapp auf, dass ich der deutschen Pünktlichkeit nicht wirklich große Ehre mache und gebe ab und an selber einem kleinen persönlichen Fanclub aus Chinesen und Westlern Taiji-Unterricht.
Ursprünglich wollte ich einer Kungfu-Schule beitreten und jeden Tag trainieren. Tatsächlich sind diese hier aber sehr mager und übertrieben teuer, sodass ich es vorgezogen habe, mit einigen meiner Kommilitonen eine Art Fight Club zu gründen und gegeneinander zu kämpfen. Aber wer weiß, vielleicht profitiere ich davon sogar mehr. Auf jeden Fall habe ich so Leute kennengelernt, die ich sonst nie gesehen hätte und es ist faszinierend, wie Leute wie zum Beispiel mein kasachischer Freund und ich, die sich kaum ein Wort unterhalten können, durch eine geteilte Leidenschaft trotzdem verstehen.
Ursprünglich wollte ich regelmäßig das chinesische Angebot an Massagen und ähnlichen Annehmlichkeiten genießen. Tatsächlich hab ich dazu gar keine Zeit, da man hier auf einem Schlag so viele neue Leute kennenlernt, dass man gar kein Interesse hat, auch nur irgendeine Minute alleine zu verbringen.
Grund zum Feiern gibt es hier zur Genüge. Ob an einem Mittwochabend zur Ladies Night im Financial Tower in der welthöchsten Bar bei geschnorrten Champagner ohne Ende, oder im Wohnheim der Uni zum Geburtstag einer unserer Afrikaner, die die Gastfreundlichkeit in Person sind, der sein Zimmer kurzerhand zur Partylocation umfunktioniert hat. Langweilig wurde mir bis jetzt hier jedenfalls nie, ganz im Gegenteil, mir fehlt eher die Zeit um zum Beispiel Blog zu schreiben.